Wenn junge Menschen ins Pflegeheim müssen
– Eine besondere Herausforderung
In Deutschland gibt es nach aktuellen Schätzungen rund 400.000 pflegebedürftige Menschen, die nicht in das klassische „Pflegeschema“ passen. Gemeint sind damit in erster Linie Menschen aus der Altersgruppe zwischen 18 und 60 Jahren, die plötzlich durch einen Unfall oder eine Erkrankung pflegebedürftig werden. Diese Situation birgt besondere Herausforderungen.
Das gilt sowohl im Hinblick auf die Angehörigen als auch hinsichtlich der Betroffenen selbst. Immerhin haben diese trotz ihrer Pflegebedürftigkeit einen hohen Anspruch an ihr Leben. Erfahren Sie, wie Sie mit einer solchen Situation am besten umgehen, wo die Probleme liegen und wie Sie effizient vorsorgen können.
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Pflegebedürftigkeit kennt kein Alter
In den meisten Köpfen ist die Pflegebedürftigkeit immer mit dem Alter gekoppelt. Tatsächlich steigt das Risiko, einmal pflegebedürftig zu werden, im Alter massiv an. Wen wundert es da, dass die meisten Pflegeheime einen Altersschnitt von um die 80 Jahre und mehr haben? Die Themen Pflege und Pflegebedürftigkeit scheinen also weit weg.
Wenn wir einmal ehrlich sind, kann das Thema aber deutlich schneller akut werden, als es uns allen lieb ist. Es braucht nur einen schweren Verkehrsunfall oder eine Krankheit – schon dreht sich das Leben um 180 Grad. Im einen Moment noch völlig gesunde Erwachsene aber auch Jugendliche und Kinder können schon im anderen Moment auf intensive Pflege angewiesen sein.
Darüber hinaus ist auch die Zahl der Menschen, die bereits pflegebedürftig geboren werden, nicht gerade klein. Das Problem: Die Bedürfnisse junger Pflegebedürftiger sind völlig andere als die Bedürfnisse von Menschen im Alter von 70 Jahren oder älter. Und trotzdem ist das Pflegeangebot nahezu komplett auf die Bedürfnisse der älteren Generation zugeschnitten.
Falschunterbringung hat massive Folgen
Wir merken es schon im alltäglichen Zusammenleben, dass es zwischen jüngeren und älteren Menschen immer wieder Reibungspunkte gibt. Im Pflegeheim ist das nicht anders. Da es nur sehr wenige spezielle Pflegeheime gibt, finden sich viele junge Pflegebedürftige in herkömmlichen Pflegeheimen mitten zwischen Senioren wieder.
Der Grund ist klar: Häufig ist die häusliche Pflege nicht mehr möglich, was eine stationäre Unterbringung erfordert. Ein Platz in einem Spezialpflegeheim ist dagegen nicht in Sicht. In Fachkreisen bezeichnet man diese Form der Unterbringung daher auch als „Falschunterbringung“.
Für die jungen Pflegebedürftigen ist diese Situation sehr belastend, denn in den Pflegeheimen ist alles auf die Bedürfnisse und Vorlieben der älteren Bewohner abgestimmt. Eine komplette Individualisierung ist aufgrund der vergleichsweise geringen Anzahl der Jungen allein aus der Kostenperspektive kaum möglich. Zu den größten Problempunkten zählen unter anderem:
- Junge Bewohner finden deutlich schwerer Anschluss. Sie haben oftmals niemanden, mit dem sie ihre Interessen teilen können.
- Das Unterhaltungsprogramm ist zum Beispiel durch Schlagersendungen auf die Vorlieben des älteren Publikums abgestimmt. Für einen plötzlich pflegebedürftigen Rockmusik-Fan dürfte dies ein großes Problem sein.
- Auch das Essen in den Einrichtungen richtet sich in der Regel nach den Vorlieben der Senioren.
- Der schwerwiegendste Punkt ist jedoch die Pflege an sich. Für die jungen Pflegebedürftigen findet sich in den Einrichtungen meist kein entsprechend geschultes Personal.
Individuelle Förderung ist essenziell
Unter dem Strich führt die Ausrichtung auf die älteren Menschen dazu, dass die jüngeren Pflegebedürftigen ihre Unterbringung häufig als sehr belastend empfinden. Darüber hinaus fehlt es an der therapeutischen Förderung, um die Eigenständigkeit so lange wie möglich zu erhalten. In der Konsequenz fühlen sich viele junge Pflegebedürftige in den „Seniorenheimen“ schlicht unterfordert.
Langfristig betrachtet schlägt das nicht nur aufs Gemüt. Auch der allgemeine Gesundheitszustand kann sich durch die mangelnde, bedarfsgerechte Förderung verschlechtern. Um einer Verschlechterung des Allgemeinzustands entgegenzuwirken und die Lebensqualität auf einem guten Niveau zu halten, ist das absolut kontraproduktiv.
Umso wichtiger ist es, dass die Patienten bedarfsgerecht gefördert werden. Darin besteht die große Herausforderung. Während ältere Pflegebedürftige in der Regel geriatrische Betreuung benötigen, sind die Schicksale der jungen Patienten sehr divers. Nicht umsonst reicht die Brandbreite von Verlust mehrerer Gliedmaßen nach einem Unfall über Multiple Sklerose (MS) und ALS bis hin zu Schlaganfall und Querschnittslähmung.
Junge Pflegebedürftige sollten daher nur im absoluten Notfall und zeitlich beschränkt in einem klassischen „Seniorenheim“ untergebracht werden. Eine spezielle Pflegeeinrichtung ist immer die bessere Wahl, sofern die Pflege in den eigenen vier Wänden nicht möglich ist.
Modell Pflege-WG: Eigenständig bleiben ist möglich
Gerade für junge Pflegebedürftige ist eine möglichst große Eigenständigkeit im Leben immens wichtig. Auch wenn die Pflege in der eigenen Wohnung nicht mehr funktioniert, bedeutet das nicht zwangsweise den Umzug ins Pflegeheim.
Die Unterbringung in Wohngemeinschaften mit einem entsprechenden Versorgungsangebot ist eine gut funktionierende Alternative. In einem solchen Fall leben mehrere pflegebedürftige Erwachsene in einer WG zusammen und werden abhängig von ihren Bedürfnissen individuell durch speziell geschultes Personal betreut. Für die Gründung einer solchen Wohngemeinschaft winken zudem Leistungen der Pflegeversicherung.
Ein barrierefreies Badezimmer erleichtert die Pflege
Das Pflegeheim sollte für pflegebedürftige Erwachsene lediglich die Ultima Ratio sein. Wesentlich nutzdienlicher ist die häusliche Pflege bzw. die Pflege in einer geeigneten Pflege-WG. Gerade bei jungen Erwachsenen möchte ohnehin die Familie die Pflege übernehmen und diese nicht in fremde Hände geben.
Damit die Selbstständigkeit des zu Pflegenden möglichst gut gewährleistet bleibt und den pflegenden Angehörigen die Umsorgung leichter fällt, sind einige Vorkehrungen zu treffen. Der wohl wichtigste Punkt bei der Anpassung des Wohnumfelds ist ein barrierefreies Bad. Dazu gehört neben viel Bewegungsfreiraum und einem Waschbecken mit Haltegriffen vor allem eine ebenerdige Dusche mit Griffhilfen.
Auch eine Sitzbadewanne mit niedrigem Einstieg kann von großem Vorteil sein. Unter dem Strich profitiert davon aber nicht nur der Pflegebedürftige. Parallel sinkt auch die körperliche Belastung für die pflegenden Angehörigen. Im Übrigen stehen Pflegebedürftigen mit einem Pflegegrad auch für solche Umbaumaßnahmen Unterstützungsgelder der Pflegekassen zu.
Jung und plötzlich ein Pflegefall – Drei Tipps, die wirklich helfen
- Holen Sie sich kompetente Beratung
Beratung ist in Sachen Pflege das A und O. Das gesamte Thema ist so komplex, dass Laien es nicht einmal ansatzweise durchsteigen können. Dabei entgehen so manchem viele Hilfsangebote und finanzielle Fördermöglichkeiten. Unabhängig davon, ob die Pflegebedürftigkeit plötzlich eintritt oder sich der Pflegebedarf über längere Zeit abzeichnet, ist ein Kontakt mit Pflegediensten und Pflegberatern sehr hilfreich. Anlaufpunkte sind unter anderem Seniorenbüros, Wohlfahrtsverbände, kommunale Pflegestützpunkte oder die Sozialdienste von Kliniken. - Teilen Sie sich die Arbeit auf
Gerade die Pflege junger Menschen wird in der Regel durch die Familie geschultert. Wichtig ist hierbei die Verteilung der Last auf mehrere Schultern. Teilen Sie sich die Aufgaben möglichst gleich von Beginn an auf. Beziehen Sie gerne auch Nachbarn oder enge Freunde mit in den Prozess ein. Speziell für junge Leute ist es wichtig, möglichst viel Kontakt zum gewohnten Umfeld zu haben. Im Übrigen haben nahe Angehörige eines Pflegebedürftigen im Rahmen der sogenannten kurzzeitigen Arbeitsverhinderung das Recht darauf, sich für bis zu zehn Arbeitstage freistellen zu lassen. Diese Zeit können Sie nutzen, um alle notwendigen organisatorischen Dinge in die Wege zu leiten. - Führen Sie den Pflegebedürftigen schonend heran
Die Pflegebedürftigkeit ist für betroffene Personen ein Schock. Gerade noch quicklebendig, hat sich das Leben durch einen unglücklichen Umstand um 180 Grad gedreht. Dementsprechend schwer fällt es den Betroffenen, sich mit der Situation zu arrangieren. Schließlich verzichtet niemand gerne freiwillig auf seine Eigenständigkeit. Im Idealfall beziehen Sie einen Pflegeberater in ein Gespräch mit dem Betroffenen mit ein, um die Situation so behutsam wie möglich anzugehen. Gerade dann, wenn eine vollstationäre Unterbringung notwendig ist, dient dieser Schritt dem Abbau von Vorbehalten. Und das sowohl auf der Seite des Betroffenen als auch im Hinblick auf die Angehörigen.
Immer optimal auf den Worst Case vorbereitet
Es braucht nur einen unachtsamen Moment und schon macht ein Unfall einen zuvor aktiven Menschen zum Pflegefall. Dieses Schicksal kann Menschen jeden Alters jederzeit ereilen. Dementsprechend gut sollten auch junge Menschen für das Worst Case-Szenario vorbereitet sein. Die Basis jeder guten Vorbereitung ist das Verfassen einer Vorsorgevollmacht.
Ist der Betroffene zum Beispiel durch eine Krankheit oder einen Unfall nicht mehr dazu in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen, tritt die Vollmacht in Kraft. Liegt keine Vollmacht vor, die beispielsweise die Betreuung einem Verwandten überträgt, kann das Amtsgericht einen rechtlichen Betreuer zuordnen. Und wer will schon, dass ein Fremder Entscheidungen über das eigene Leben trifft?
Vorsorgen mit einer guten Pflegezusatzversicherung
Ebenso wichtig ist eine Pflegezusatzversicherung. Der Grund: Die Mittel aus der gesetzlichen Pflegeversicherung reichen oftmals nicht aus, um die hohen Pflegekosten zu decken. Gerade wenn es um die Unterbringung in einer Einrichtung für die vollstationäre Pflege geht, bleibt nicht selten ein vierstelliger Eigenanteil übrig.
Kann der Betroffene diesen nicht leisten, werden einkommensabhängig dessen Eltern oder Kinder herangezogen. Eine gute Pflegezusatzversicherung nimmt an dieser Stelle den finanziellen Druck aus dem Kessel.
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