Der richtige Rollstuhl für alle Fälle

Welcher ist für mich am besten?

Wer entweder dauerhaft oder zumindest zeitweise nicht eigenständig gehen kann, ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Das betrifft neben Menschen, die einen Unfall erlitten haben, auch Senior:innen sowie Personen, die nach einer Operation zu schwach zum gehen sind. Welcher Rollstuhl im Einzelfall der richtige ist, hängt von den individuellen Bedürfnissen ab.

Aber welche Rollstuhlmodelle gibt es? Wie unterscheidet sich ein Standardrollstuhl von einem Adaptivrollstuhl? Auf welche Parameter muss ich beim Kauf eines Rollstuhls achten? Und wann steht mir überhaupt ein Rollstuhl zu? Wir haben die wichtigsten Antworten zu den drängendsten Fragen.

Welcher ist für mich am besten?

Welcher Rollstuhl passt zu mir?

Was ein Rollstuhl ist, liegt auf der Hand. Es handelt sich um einen Sitz auf vier Rädern, der entweder elektrisch oder per Muskelkraft angetrieben wird. Dabei gehört der Rollstuhl nicht zu den klassischen Gehhilfen, sondern fällt auf der Hilfsmittelliste der Krankenkassen in eine eigene Kategorie. Auch wenn die Bauteile weitgehend gleich scheinen, gibt es nicht „den“ Rollstuhl.

Vielmehr gibt es unterschiedliche Bauformen, die etwa Sport ermöglichen, faltbar sind oder besonders leicht ausfallen. Die Frage: „Welcher Rollstuhl passt zu mir?“, ist da nur allzu berechtigt. Stellen Sie sich dazu die folgenden Fragen. Im Anschluss betrachten Sie unsere Auswahl unterschiedlicher Rollstuhltypen mit gänzlich anderen Augen:

  • Zu welchem Zweck benötige ich einen Rollstuhl?
  • Wie aktiv bin ich im Alltag bzw. wie aktiv kann ich noch sein?
  • Möchte ich mit meinem Rollstuhl Sport treiben?
  • Wie viel Muskelkraft kann ich für den Antrieb aufbringen?
  • Soll der Rollstuhl nur drinnen oder auch draußen nutzbar sein?
  • Brauche ich für den Transport einen faltbaren Rollstuhl?
  • Ist weitere Sicherheitsausstattung wie eine Brems-, Bedien- oder Sitzhilfe nötig?

Welche Arten von Rollstühlen gibt es?

Jährlich werden in Deutschland von Ärzt:innen über eine Million Rollstühle verordnet. Neben Standardrollstühlen sind dies vor allem Leichtgewichtrollstühle, Adaptivrollstühle und Elektrorollstühle. Aber auch Toilettenrollstühle werden jährlich häufig verordnet. Einen Überblick über die genauen Zahlen aus dem beispielhaften Jahr 2015 gibt die folgende Grafik:

Datenquelle zur Grafik

Der am häufigsten verordnete Rollstuhl ist der Leichtgewichtrollstuhl mit rund 250.000 verordneten Einheiten. Werfen wir nun einen Blick auf ihre Eigenschaften, Einsatzgebiete sowie die spezifischen Vor- und Nachteile.

1.Standardrollstuhl – Der ideale Transportrollstuhl

Der Name nimmt es bereits vorweg: Der Standardrollstuhl ist ein Standard-Produkt von der Stange, das nicht auf die individuellen Bedürfnisse von Betroffenen ausgelegt ist. Standardrollstühle sollen lediglich die Grundversorgung in Sachen Mobilität sicherstellen. Anpassungsoptionen bleiben hier auf der Strecke.

Dafür zeichnen sich Standardrollstühle durch einen enorm stabilen Rahmen und damit eine lange Haltbarkeit sowie eine hohe Robustheit aus. Diese Rollstühle sind zwar vergleichsweise günstig, aber auch schwer. Das gestaltet die Nutzung durch die betroffene Person kraftraubend.

Daher kommen solche Rollstühle in erster Linie als Transportrollstühle für Patient:innen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zum Einsatz. Als Primärlösung für zu Hause eignen Sie sich aufgrund des hohen Gewichts und der mangelhaften Wendigkeit weniger. Als Zweitrollstuhl oder Überbrückungslösung ist der Standardrollstuhl dennoch geeignet.

VorteileNachteile
– Hohe Stabilität
– Langlebigkeit
– Preiswert in der Anschaffung
– Ideal als Zweitrollstuhl
– Transportrollstuhl für Einrichtungen
– Wenig Zusatzausstattung
– Kaum individuell anpassbar
– Hohes Gewicht
– Geringe Wendigkeit
– Hoher Kraftaufwand beim Schieben

2. Leichtgewichtrollstuhl – Der flexible Alltagsbegleiter

Die Besonderheit des Leichtgewichtsrollstuhls steckt schon in seinem Namen. Auch wenn er optisch nicht von einem Standardrollstuhl zu unterscheiden ist, fällt er doch deutlich leichter aus. Durch ihr geringeres Eigengewicht sind Leichtgewichtrollstühle wendiger und mit weniger Kraftaufwand zu bewegen.

Auch das Überwinden von Hindernissen wie Stufen sowie der Transport in Fahrzeugen und öffentlichen Verkehrsmitteln ist einfacher, was die Mobilität im Alltag erhöht. Verantwortlich für das geringe Gewicht ist unter anderem ein spezieller Aluminiumrahmen. Darüber hinaus zeichnet sich der Leichtgewichtrollstuhl durch seine zahlreichen Verstell- und Anpassungsmöglichkeiten aus, die so mit einem Standardrollstuhl nicht möglich sind.

VorteileNachteile
– Leicht dank Aluminiumrahmen
– Stabil und Widerstandsfähig
– Wiegt lediglich zwischen 13 und 17 kg
– Zahlreiche Verstellmöglichkeiten
– Viele verfügbare Designs
– Für aktive Dauernutzung ausgelegt
– Für lange Strecken braucht es Ausdauer
– Nicht für alle Untergründe geeignet
– Hochwertige Modelle sind sehr teuer
– Weniger robust als Standardrollstühle

3. Adaptivrollstuhl – Der Aktivposten mit maximaler Mobilität

Der dritte Rollstuhltyp im Bunde ist der sogenannte Adaptiv- bzw. Aktivrollstuhl. Diese Rollstühle sind auf maximale Mobilität ausgelegt. Sie sind so konstruiert, dass ihre Nutzer:innen ihren Alltag möglichst eigenständig ohne fremde Hilfe absolvieren können.

Dazu zählt auch das Ausüben leichter Freizeitsportarten, für die kein spezieller Sportrollstuhl benötigt wird. Adaptivrollstühle zeichnen sich durch ein leichtes Fahrgefühl, etliche Anpassungsmöglichkeiten sowie ein hohes Maß an Komfort aus. Solche Rollstühle werden exakt auf die Bedürfnisse ihrer Nutzer:innen zugeschnitten und sind sogar für Kinder erhältlich.

Interessant: Adaptivrollstühle können sowohl mit einem starren Rahmen (mehr Stabilität) oder einem Faltrahmen (mehr Mobilität) ausgestattet sein. Adaptivrollstühle sind für den dauerhaften Gebrauch in Innen- und Außenbereichen optimiert.

VorteileNachteile
– Mit nur etwa sechs bis 13 kg extrem leicht
– Zahlreiche verfügbare Designs
– Für sportliche Aktivitäten geeignet
– Ideal für eigenständiges Leben
– Aktive Fahreigenschaften
– Diverse Anpassungsoptionen
– Modelle mit starrem Rahmen sind weniger flexibel
– Modelle mit Faltrahmen haben eine geringere Stabilität
– Hoher Anschaffungspreis
– Nicht für jeden Nutzer bzw. jede Nutzerin geeignet

4. Pflegerollstuhl – Ideal für Pflegebedürftige

Pflegerollstühle, die häufig auch als Multifunktionsrollstühle bezeichnet werden, sind optimal auf die Bedürfnisse von pflegebedürftigen Menschen zugeschnitten. Sie zeichnen sich dank ihres speziellen Aufbaus durch ein hohes Maß an Sitzkomfort aus. Darüber hinaus bietet der Pflegerollstuhl etliche Verstellmöglichkeiten zur individuellen Anpassung.

Diverse Zusatzausstattungen sorgen zudem dafür, dass der Alltag in diesem Rollstuhltypus bequem bewerkstelligbar ist und Pflegekräften die Pflege der Betroffenen deutlich erleichtert wird. Der Nachteil besteht allerdings im hohen Gewicht sowie der geringen Mobilität. Damit können Nutzer:innen den Pflegerollstuhl auch kaum eigenständig bewegen.

VorteileNachteile
– Hohes Maß an Stabilität
– Komfortable Nutzung im Auto
– Ausstattung für besondere Bedürfnisse
– Komfortabel für die tägliche Nutzung
– Praktische Lagerungshilfe
– Ideal für den Transport Schwerbehinderter
– Hohes Gewicht (über 20 kg)
– Meist sehr sperrig
– Hoher Anschaffungspreis
– Von Nutzer:innen kaum eigenständig nutzbar

5. Elektrorollstuhl – Der Allrounder für weite Strecken

In die letzte Kategorie fallen Rollstühle mit einem elektrischen Hilfsantrieb. Diese Rollstühle sind immer dann eine gute Option, wenn es Nutzern bzw. Nutzerinnen schwer oder gar nicht möglich ist, einen konventionellen Rollstuhl zu verwenden. Elektrische Rollstühle sind vom Aufbau her ähnlich wie manuelle Rollstühle.

Der verbaute Elektromotor wird in der Regel durch einen nutzerfreundlichen Joystick gesteuert. Abhängig vom individuellen Bedarf gibt es Modelle mit Front-, Heck- oder Mittelantrieb. Zudem sind Modelle für die Nutzung im Innen- und Außenbereich erhältlich. Elektrorollstühle sind bieten häufig diverse Verstellmöglichkeiten sowie Zubehöroptionen, welche die Handhabung im Alltag möglichst komfortabel machen.

VorteileNachteile
– Große Ausstattungsvielfalt
– Ideal für stark körperlich beeinträchtigte Personen
– Mühelose Fortbewegung dank Motor
– Großer eigenständiger Bewegungsradius
– Häufig für Innen- und Außenbereiche geeignet
– Groß und schwer
– Geringe Verfügbarkeit faltbarer Modelle
– Durch das Eigengewicht ist das Bewältigen von Hindernissen schwierig
– Hoher Anschaffungspreis

Rollstuhl mieten oder leihen – was lohnt sich wann?

Sie müssen einen Rollstuhl bei Bedarf nicht zwangsweise kaufen. Häufig lassen sich Rollstuhlmodelle auch einfach mieten.

Rollstuhl mieten

Das Mieten eines Rollstuhls lohnt sich vor allem dann, wenn das Hilfsmittel nur für einen sehr begrenzten Zeitraum benötigt wird. In einem solchen Fall bietet sich ein Standardrollstuhl an, wie er von vielen Sanitätshäusern vermietet wird.

Für die Miete müssen Versicherte ebenso wie beim Kauf eine Zuzahlung von maximal zehn Euro leisten. Der Vorteil ist jedoch, dass der Rollstuhl nach dem Ende des Gebrauchs wieder zurückgegeben werden kann. Die Miete höherwertiger Spezialrollstühle (zum Beispiel Adaptivrollstuhl oder Elektrorollstuhl) ist vielerorts aber auch über Fachbetriebe für den Rollstuhlverleih möglich. Hier liegen die Preise zwischen fünf und 15 Euro pro Tag.

Dieses Angebot lohnt sich für Nutzer:innen, die einen komfortablen Rollstuhl für einen kurzen Zeitraum nutzen möchten. Wer dagegen langfristig auf einen Rollstuhl angewiesen ist, ist mit dem Kauf eines individuell angepassten Rollstuhls am besten beraten.

Checkliste – Darauf müssen Sie beim Rollstuhlkauf achten

Der Rollstuhlkauf ist eine individuelle Angelegenheit. Um eine möglichst bequeme und ergonomische Nutzung zu ermöglichen, muss ein Rollstuhl daher optimal auf die Bedürfnisse und Körpermaße seines Nutzers bzw. seiner Nutzerin zugeschnitten sein. Vor dem Kauf sollten Sie sich daher umfassend beraten und die folgenden vier Faktoren unbedingt einfließen lassen:

  • Sitzbreite: Die Sitzbreite sollte weder zu breit noch zu schmal sein. Ideal ist die Sitzbreite, wenn Sie einen festen Sitz haben und während der Nutzung nicht herumrutschen. Trotzdem darf niemals das Gefühl bestehen, eingequetscht zu sein. Zu Bedenken ist gerade bei Rollstühlen für den Außeneinsatz das Einplanen dicker Kleidung.
  • Sitztiefe: Die Sitztiefe hängt maßgeblich von der Oberschenkellänge ab. Sie ist ideal, wenn die Nutzerin oder der Nutzer entspannt an der Rückenlehne sitzt und der Sitz dabei gleichzeitig an den Kniekehlen nicht unangenehm einschneidet.
  • Sitzhöhe: Bei der optimalen Sitzhöhe müssen die Oberschenkel bequem auf der Sitzfläche aufliegen, während die Füße gemütlich auf den Fußrasten stehen. Eine gewisse Mobilität muss für die freie Fortbewegung im Alltag immer gewährleistet sein.
  • Rückenlehne: Die Rückenlehne sollte nicht zu hoch und nicht zu niedrig sein und dabei einen guten Halt bieten. Achten Sie vor allem auf eine ausreichende Bewegungsfreiheit der Schulterblätter.