Gesetzliche vs. private Unfallversicherung
– Wo liegen die Unterschiede?
Unfallversicherung? Die ist doch ohnehin von Gesetzes wegen garantiert, oder? Warum dann eine private Unfallversicherung abschließen? Diese Fragen stellen sich viele Menschen. Die private Unfallversicherung ist jedoch alles andere als überflüssig oder ein Schutzschirm für Angsthasen.
Vielmehr deckt die private Unfallversicherung überall dort existenzielle Risiken ab, wo die gesetzliche Unfallversicherung Löcher in ihrem Netz hat. Auch wenn beide Versicherungen grundlegend nach dem gleichen Prinzip arbeiten, unterscheiden sich beide Unfallversicherungen doch in zahlreichen Punkten.
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Gesetzliche Unfallversicherung schützt nur in speziellen Situationen
Unfälle können Sie überall ereilen. Wie gut ist es da, dass der Staat eine Unfallversicherung als sogenannte Pflichtversicherung vorsieht. Aber wussten Sie, dass die gesetzliche Unfallversicherung nicht greift, wenn Ihnen in Ihrer Freizeit etwas passiert? Wann die Unfallversicherung Leistungen erbringt, ist gesetzlich sehr präzise geregelt. Und zwar leistet sie dann, wenn Ihnen während Ihrer Arbeit ein Unfall geschieht. Auch auf dem Weg dorthin sowie auf dem Nachhauseweg sind Sie unfallversichert.
Das gilt im Übrigen auch für Studenten, Schüler und Kinder, die in den Kindergarten gehen. Der Schutzschirm spannt sich sogar noch etwas weiter auf. Was nur wenige Menschen wissen, ist, dass sich der Begriff des „Arbeitsunfalls“ auch auf Arbeitslose bezieht. Jedenfalls, wenn der Verunfallte auf dem Weg zu einem Termin wie einer Beratung auf dem Arbeitsamt oder einem Vorstellungsgespräch war.
Das große Aber der gesetzlichen Unfallversicherung
Obwohl es auf den ersten Blick so scheint, als würde die gesetzliche Unfallversicherung für sehr viel Sicherheit sorgen, ist beim genauen Hinsehen das Gegenteil der Fall. Zumindest für den Aufenthalt am Arbeitsplatz, in der Schule, an der Universität oder im Kindergarten greift der Versicherungsschutz. Auf dem Hin- und Rückweg gilt der Versicherungsschutz jedoch nur dann, wenn Sie den direkten Weg nehmen.
Machen Sie nur einen Umweg, um noch ein paar Dinge im Supermarkt einzukaufen, ist der Versicherungsschutz im Fall eines Unfalls in der Regel nicht mehr gegeben. Besonders risikoreich ist das natürlich bei Kindern. Als Kinder haben wir schließlich auch nicht immer den direkten Weg nach Hause genommen. Aber auch der Arbeitssuchende, der auf dem Weg zum Jobcenter verunfallt, sollte besser zuvor einen Termin gemacht haben.
Ohne Termin greift auch hier der gesetzliche Versicherungsschutz nicht. Noch dramatischer ist allerdings, dass die gesetzliche Unfallversicherung in der Freizeit gar nicht greift.
Eine private Unfallversicherung greift auch in der Freizeit
Statistiken belegen eindeutig, dass die mit Abstand meisten Unfälle in der Freizeit passieren. Ob nun beim Hausputz, bei der Gartenarbeit, beim Sport oder bei einem unglücklichen Treppensturz. Genau dort setzt die private Unfallversicherung an. Stellen Sie sich vor, Sie stürzen bei der Reparatur Ihrer Dachrinne von der Leiter und brechen sich beim Sturz auf die Betonplatten der Terrasse mehrere Wirbel.
Die Verletzungen sind so schwer, dass die Wirbelsäule in diesem Bereich versteift werden muss und Sie bei der Ausübung Ihres Berufs eingeschränkt sind. Auch wenn die Krankenkasse hier für die Behandlung aufkommt, ist das in der Gesamtabrechnung nur ein Bruchteil der finanziellen Folgen. Zu diesen Folgekosten zählt beispielsweise eine Lohnminderung oder gar ein Lohnverlust. Für beides kommt die private Unfallversicherung auf.
Auch wenn Sie sich beim Skifahren in der Freizeit eine schwere Querschnittslähmung zuziehen und fortan im Rollstuhl leben müssen, zahlt die private Unfallversicherung zum Beispiel für den barrierefreien Umbau Ihres Hauses. Die gesetzliche Versicherung zahlt dagegen nicht. Diese Folge an Beispielen ließe sich weiterführen und zeigt, dass eine private Absicherung alles andere als überflüssig ist.
Dauerhafte Leistungen im Invaliditätsfall
Ein weiterer zentraler Unterschied besteht in der Flexibilität. Haben Sie einen Unfall, der eine körperliche oder geistige Behinderung nach sich zieht, erhalten Sie eine Invalidenrente. Die Auszahlung hängt dabei allein vom Grad der Invalidität gemäß der Gliedertaxe ab.
Ob Ihre Erwerbsfähigkeit durch die Behinderung dauerhaft beeinträchtigt ist, hat auf die Auszahlung der Invalidenrente keinen Einfluss. Sie erhalten also in jedem Fall den Ihnen gemäß Gliedertaxe zustehenden Anteil Ihrer Versicherungssumme und das dauerhaft. Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt dagegen nur so lange, bis Sie wieder einer festen Tätigkeit nachgehen können.
Die private Unfallversicherung bietet höhere und flexiblere Leistungen
Im Allgemeinen sind die Leistungen der privaten Unfallversicherung höher. So zahlt die gesetzliche Unfallversicherung erst dann eine Rente, wenn eine dauerhafte Erwerbsminderung von mindestens 20 Prozent vorliegt. Die private Unfallversicherung zahlt in der Regel bereits ab einem Prozent reduzierter Erwerbsfähigkeit.
Darüber hinaus können Versicherte die Gestaltung ihrer privaten Unfallversicherung an ihre eigenen Bedürfnisse anpassen. So können bei bestimmten Risiken wie zum Beispiel Sport entsprechende Module für höhere Leistungen hinzugebucht oder nicht relevante Risiken aus dem Vertrag entnommen werden.
Noch wichtiger sind die bei der gesetzlichen Unfallversicherung ausgeschlossenen Kapitalleistungen. Allem voran stehen Kapitalleistungen für die Hinterbliebenen, falls der Versicherte bei einem Unfall ums Leben kommt. Auch Schmerzensgeld ist in der privaten Unfallversicherung verankert. In beiden genannten Fällen gehen Sie bei der gesetzlichen Unfallversicherung leer aus.
Alles auf einen Blick – Gesetzliche und private Unfallversicherung im Vergleich
Der Teufel liegt wie so häufig im Detail. Dementsprechend bewegen sich viele Unterschiede zwischen der gesetzlichen und der privaten Unfallversicherung im Kleingedruckten. Die folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Unterschiede auf.
Gesetzliche Unfallversicherung | Private Unfallversicherung | |
Zugangsvoraussetzung | Angestellte über ihren Arbeitgeber (Pflichtversicherung), Selbstständige, Freiberufler und Unternehmer (freiwillig) | Freiwillige Versicherung für jeden Bundesbürger |
Geltungsbereich | Arbeits- und Wegunfälle (Inland), Dienstreisen (bedingt) anerkannte Berufskrankheiten | Weltweiter unbegrenzter Unfallschutz mit wenigen Ausnahmen, zum Beispiel in Kriegs- und Krisengebieten |
Träger | Berufsgenossenschaften, Unfallkassen, Landwirtschaftliche Sozialversicherung | Private Anbieter, Vereine auf Gegenseitigkeit |
Finanzierung | Arbeitgeber zahlen die Prämien | Versicherte zahlen die Prämie |
Prämienberechnung | Gefahrentarif bzw. Gefahrenklasse | Beitrag orientiert sich an Alter, beruflicher Tätigkeit und den versicherten Leistungen |
Leistungsgrundsatz | Risikounabhängige, einheitliche Regelungen für alle Versicherten sind durch SGB VII vorgegeben | Leistung basiert auf individuellen vertraglichen Vereinbarungen zwischen Kunde und Versicherer |
Leistungen | Rentenzahlung erst ab einer Erwerbsminderung von mindestens 20 Prozent | Invaliditätsleistung bzw. Rentenzahlung schon ab einem Prozent festgestellter Invalidität |
Fazit – Private Absicherung ist eine sinnvolle Ergänzung
Unter dem Strich zeigt sich ein klares Bild. Die gesetzliche und die private Unfallversicherung unterscheiden sich in zentralen Punkten wie ihrem Geltungsbereich, ihrer Flexibilität, der Leistungshöhe, dem Leistungsanspruch und den individuell gestaltbaren Policen. Nicht zuletzt durch die Tatsache, dass sich die meisten Unfälle (darunter auch viele mit bleibenden Folgen) in der Freizeit ereignen, bedeutet die private Unfallversicherung ein zusätzliches Stück Sicherheit. Damit ist sie eine ideale Ergänzung zur gesetzlichen Unfallversicherung.