Ist eine Unfallversicherung für Kinder sinnvoll?
Kinder sind wahre Energiebündel und fühlen sich häufig unverwundbar. Erinnern Sie sich einmal an Ihre Kindertage zurück. Was haben Sie nicht alles angestellt. Sie sind auf Bäume geklettert, haben mit dem Skateboard halsbrecherische Abfahrten hingelegt und allerhand andere gefährliche Abenteuer erlebt. Häufig genug haben Sie dabei gefühlt eine ganze Armee an Schutzengeln gehabt.
Aber nicht immer geht alles so glimpflich aus. Das wird uns spätestens dann bewusst, wenn wir selbst Kinder haben. Eine private Unfallversicherung ist deshalb speziell für Kinder ein wichtiger Schutz, denn der gesetzliche Unfallschutz greift nur in wenigen Situationen.
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Gefährliche Freizeit
Ganz gleich, ob im Straßenverkehr, beim Sport, im Urlaub oder in der Freizeit zuhause. Unfälle mit Kindern passieren ständig. Viele Unfälle sind dabei nicht nur mit ein paar Schrammen abgehakt, sondern hinterlassen schwere Verletzungen und haben langfristige Folgen. Häufig sogar für das ganze Leben. Laut Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“ müssen jährlich rund 1,7 Millionen Kinder nach einem Unfall ärztlich behandelt werden. Gut 200.000 davon sogar in Krankenhäusern.
Mit satten 32 Prozent entfällt der Löwenanteil dabei auf Verkehrsunfälle. Aber auch andere Ursachen wie Badeunfälle (14 Prozent), Gewalteinwirkung (7 Prozent) und Stürze (5 Prozent) sind gar nicht so selten. Wie eine Erhebung des Instituts GfK eindrucksvoll belegt, ereignen sich die meisten Unfälle zu Hause bzw. in der Freizeit (60 Prozent). Nur etwa 18 Prozent hingegen in Betreuungseinrichtungen wie Schulen, 14 Prozent im Straßenverkehr sowie lediglich 4 Prozent beim Vereinssport.
Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt in der Regel nicht
Diese Zahlen bergen versicherungstechnischen Sprengstoff, der vielen Eltern gar nicht bewusst ist. Damit eine Unfallversicherung bei einem Schaden überhaupt einspringt, muss zunächst ein Unfall vorliegen. Ein Unfall ist im Versicherungsdeutsch wie folgt definiert: „Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.“ Soweit, so gut.
Allerdings springt die gesetzliche Unfallversicherung, selbst wenn sich ein „Unfall“ ereignet hat, nur bedingt ein. Der Gesetzliche Unfallschutz gilt etwa nur auf dem direkten Weg von und zu einer Betreuungseinrichtung (zum Beispiel Schule oder Kindergarten) sowie in der Einrichtung selbst. Ereignet sich ein Unfall zuhause, beim Freizeitsport, beim Toben auf dem Spielplatz oder im Urlaub, greift die gesetzlich Unfallversicherung nicht.
Warum eine private Unfallversicherung für Kinder sinnvoll ist
Das Risiko in der Freizeit einen Unfall zu erleiden, ist viel größer als gedacht. Gerade für Kinder gehören sie zu den größten Gesundheitsrisiken. Speziell, wenn teure Behandlungen fällig werden, die eine gesetzliche Krankenversicherung nicht übernimmt oder gar bleibende Schäden zurückbleiben, ist eine private Unfallversicherung Gold wert.
Mit einer solchen Police sichern sich Eltern gegen die finanziellen Folgen des Ernstfalls ab. Immerhin kann es sein, dass bleibende Schäden eine teilweise oder gar vollständige Invalidität zur Folge haben. Das bringt nicht nur eine Einschränkung der Lebensqualität für Ihr Kind mit sich, sondern produziert auch erhebliche Folgekosten.
So etwa für den behindertengerechten Umbau des Wohnraums, die Beschaffung eines behindertengerechten Fahrzeugs oder die tägliche Betreuung. Aber auch berufliche oder schulische Einschränkungen sowie spätere invaliditätsbedingte Verdienstausfälle schlagen ins Kontor. Dementsprechend umfasst eine gute private Unfallversicherung für Kinder die folgenden Punkte:
- Übergangsleistung: Geldleistung direkt nach einem schweren Unfall, die geleistet wird, bis feststeht, in welchem endgültigen Rahmen die Versicherungsleistung liegt.
- Invaliditätsleistung: Einmalsumme für einen bestimmten erlittenen Schaden. Diese Kapitalsumme richtet sich nach dem Grad der durch den Unfall erlittenen Invalidität.
- Unfallrente: Zahlung einer lebenslangen monatlichen Rente, die etwa dann greift, wenn das verunfallte Kind unfallbedingt keiner oder nur einer sehr eingeschränkten Erwerbstätigkeit nachgehen kann.
- Kosmetische Operationen: Kostenübernahme für operative Eingriffe zur Wiederherstellung des äußeren Erscheinungsbildes. Hierbei speziell solche Maßnahmen, die durch die Krankenkasse nicht übernommen werden.
- Bergungskostenübernahme: Kostenübernahme für Such-, Rettungs- und Bergungsmaßnahmen. Dazu zählen auch Rücktransportkosten nach Hause.
Krankenhaustagegeld: Pauschal pro Tag abgerechnete Beträge für jeden Tag, den Ihr Kind in ambulanter oder stationärer Behandlung ist. - Todesfallleistung: Im schlimmsten Fall leistet die Kinder-Unfallversicherung an die Hinterbliebenen eine Einmalzahlung, die zum Beispiel zur Deckung von Folgekosten wie der Beisetzung eingesetzt werden kann.
So schnell ist ein Unfall passiert – Timo und Natalia
Fall 1: Natalia und ihre Liebe zur Naturwissenschaft
Natalia ist 13 Jahre alt und liebt Naturwissenschaften. Im Keller ihres Elternhauses hat ihr ihr Vater ein kleines „Labor“ eingerichtet, in dem Natalia Experimente durchführen kann. Beim Zusammenschütten zweier Substanzen kommt es zu einer folgenschweren thermischen Reaktion. Das Glasgefäß zerspringt und die frei werdenden Substanzen kommen mit einem anderen Stoff in Kontakt, der darauf Feuer fängt. Dabei gerät Natalias Polyester-Shirt in Brand. Obwohl sie es so schnell wie möglich abstreift, erleidet an der Schulter und auf der Brust schwere Verbrennungen mit bleibenden Narben. Da es sich um einen Freizeitunfall handelt, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung nicht.
Fall 2: Timo und die folgenschwere Bergwanderung
Timo ist neun Jahre alt und mit seinen Eltern im Urlaub im Schwarzwald. Dort rutscht Timo bei einer Bergwanderung auf Geröll aus. Er rutscht einen steilen Geröllhang voller großer Felsbrocken hinunter und kommt in einem Bachbett zum Liegen. Dabei bricht er sich seinen rechten Arm und schlägt sich gleich mehrere bleibende Frontzähne aus. Während der Arm von allein rückstandslos verheilt, müssen die irreparabel beschädigten Zähne durch Implantate ersetzt werden. Ohne eine Kinderunfall-Versicherung müssen Timos Eltern einen großen Teil der Kosten für die Implantat-Versorgung aus eigener Tasche zahlen.
Worauf sollte ich bei einer Kinder-Unfallversicherung achten?
- Versicherungssumme: Das Hauptaugenmerk sollte auf der Versicherungssumme liegen. Eltern, die ein unfallbedingt behindertes Kind betreuen, müssen immerhin mit hohen Kosten rechnen. In vielen Fällen müssen sogar die Kosten für die Unterbringung in einer privaten Einrichtung gestemmt werden. Verbraucherschützer empfehlen eine möglichst hohe Versicherungssumme von mindestens 100.000 Euro.
- Progression: Unter Progression versteht man die Erhöhung der Versicherungssumme abhängig vom Schweregrad der bleibenden Behinderung. Je höher also der Invaliditätsgrad nach einem Unfall, desto höher fällt die Auszahlung aus. Wer bei einer Versicherungssumme von 100.000 Euro etwa eine Progression von 500 Prozent vereinbart, bei dem steigt die Versicherungsleistung bei voller Invalidität auf 500.000 Euro. Bei Kindern empfiehlt sich eine Progression zwischen 225 und 500 Prozent.
- Gliedertaxe: Die Gliedertaxe ist entscheidend dafür, wie hoch die Auszahlung im Versicherungsfall ausfällt. In dieser Auflistung ist geregelt, welchem Invaliditätsgrad beispielsweise der Verlust eines Armes oder der Verlust des Augenlichts auf einem Auge entspricht. Diese Beträge können sich von Versicherung zu Versicherung teils erheblich unterscheiden. Hier gilt: je höher, desto besser.
Diese Zusatzleistungen sind bei einer Unfallversicherung für Kinder sinnvoll
Neben den klassischen Unfällen gibt es noch weitere Punkte, auf die Sie bei der Auswahl einer Kinder-Unfallversicherung achten sollten. Häufig wird hier auch vom „erweiterten Unfallbegriff“ gesprochen. Im Detail geht es beispielsweise um Brüche, die aus einer erhöhten Kraftanstrengung resultieren. Aber auch Infektionen durch Zeckenbisse mit FSME sowie die daraus resultierenden Folgen sollten abgesichert sein.
Gerade bei einer Kinder-Unfallversicherung macht auch ein integrierter Schutz vor Infektionskrankheiten, Impfschäden, Insektenstichen oder Vergiftungen Sinn. Immerhin stellen Pflanzenschutzmittel, ätzende Putzmittel und giftige Pflanzen speziell für die Kleinsten immer eine potenzielle Gefahr dar.
Tipp: Rooming-in
Gerade nach schweren Unfällen müssen viele Kinder stationär behandelt werden. Eltern haben hier die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Kindern im Krankenhaus untergebracht zu werden. Im Rahmen dieses sogenannten Rooming-ins können Eltern abhängig vom jeweiligen Fall auch über die gesamte Aufenthaltsdauer bei ihren Kindern schlafen. Während die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten für die Unterbringung nicht übernimmt, erstattet eine Kinder-Unfallversicherung mit „Rooming-in“ die anfallenden Kosten.