Kieferschwund: Wenn Osteoporose den Kiefer schädigt

Mit zunehmendem Alter baut der Körper ab. Das gilt auch für die Knochensubstanz, die dadurch ihre Dichte verliert. Das Zauberwort heißt Osteoporose. Frauen sind hier besonders häufig betroffen. Aber hätten Sie gewusst, dass der Knochenschwund den Kieferknochen gleich zweifach schädigen kann? Erfahren Sie, was es mit dem Knochenschwund im Kiefer auf sich hat, wo weitere Ursachen für den Kieferschwund liegen und was Sie dagegen unternehmen können.

Osteoporose: Was ist das eigentlich?

Als Osteoporose oder Knochenschwund bezeichnet man den Abbau von Knochensubstanz, wobei dieser porös wird. Hintergrund ist der stetige Prozess der Knochenneubildung und des Abbaus. In jungen Jahren liegt die Rate der Knochenneubildung deutlich höher als die Rate des Knochenabbaus. Verantwortlich für diesen ständigen Prozess sind spezielle Zellen. Einerseits die Osteoblasten, die den Knochen aufbauen. Andererseits die Osteoklasten, die für den Abbau von Knochensubstanz verantwortlich sind.

Mit fortschreitendem Alter gerät das Verhältnis der beiden Zelltypen bei den meisten Menschen aus dem Gleichgewicht. Das hat zur Folge, dass irgendwann der Punkt erreicht ist, ab dem mehr Knochensubstanz abbauende Osteoklasten aktiv sind als Osteoblasten. Damit sinkt die Knochendichte und somit die Widerstandsfähigkeit der Knochen. Parallel steigt bei älteren Menschen damit das Risiko für Knochenbrüche. Besonders häufig betroffen sind der Oberschenkelknochen, Elle und Speiche sowie die stark belasteten Lendenwirbel.

Frauen haben ein deutlich höheres Osteoporose-Risiko

Deutschlandweit sind rund acht Millionen Menschen von Osteoporose betroffen. Das betrifft vor allem Ältere. Allerdings ist das Osteoporoserisiko für Frauen deutlich höher als für Männer. Speziell in bzw. nach den Wechseljahren kommt es häufig zu Knochenschwund. Der Hauptgrund dafür ist der zunehmende Mangel an Östrogen. Dieses Hormon schützt die Knochensubstanz eigentlich auf natürliche Weise vor dem zu großen Einfluss der Osteoklasten.

Darüber hinaus ist das Knochensystem von Frauen im Vergleich zu Männern deutlich filigraner. Unter dem Strich ergibt sich so ein rund doppelt so hohes Osteoporose-Risiko. Nichtsdestotrotz können auch Männer im Alter Osteoporose bekommen, da die körpereigene Produktion des Hormons Testosteron nachlässt.

Weitere typische Risikofaktoren für Osteoporose sind Untergewicht, Mangelernährung (vor allem Kalziummangel), Bewegungsmangel sowie der regelmäßige Konsum von zu viel Alkohol, Koffein und Nikotin. Krankheitsbedingt können auch Rheuma oder Diabetes hinter dem Knochenschwund stecken.

Wichtig: Osteoporose bleibt lange unbemerkt

Der Knochenschwund ist ein schleichender Prozess, der langsam voranschreitet. Deshalb bleibt er über viele Jahre hinweg unbemerkt. In der Regel handelt es sich um eine Zufallsdiagnose im Fall eines Knochenbruchs.

Was Osteoporose mit unseren Zähnen zu tun hat

Wie kommen wir jetzt von Osteoporose auf unsere Zähne? Ganz einfach: Auch der Kieferknochen kann vom Abbau der Knochensubstanz betroffen sein. Das wiederum kann beispielsweise dazu führen, dass sich der Zahnhalteapparat lockert und letztlich die Zähne ausfallen. Darüber hinaus bringt die zunehmend porösere Knochenstruktur auch für den Zahnersatz Probleme mit sich.

Speziell Implantate lassen sich bei einer ausgeprägten Osteoporose nur schwer im Kiefer verankern. Um einen sicheren Sitz zu gewährleisten, ist in vielen Fällen im Vorfeld sogar ein gezielter Aufbau der Knochensubstanz notwendig. Erst dann können Implantate sicher im Kiefer verankert werden.

Damit aber noch nicht genug, denn auch die Einheilzeit ist bei Personen mit Osteoporose länger. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass bereits bestehende Implantate bei einer Verschlimmerung der Osteoporose im Kieferknochen zunehmend ihren Halt verlieren. Im schlimmsten Fall kommt es zum Implantationsverlust.

Osteoporose und der Kiefer: Eine echte Problemzone

Um Osteoporose zu behandeln und die Gefahr von Brüchen zu reduzieren, erfolgt meist eine medikamentöse Therapie. In der Regel verschreiben Ärzte Bisphosphonate, die zuverlässig funktionieren. Diese Medikamente verlangsamen den Knochenstoffwechsel und hemmen so den Abbau der Knochensubstanz. Gerade im Hinblick auf die Zähne und den Kiefer haben diese Medikamente jedoch einen entscheidenden Nachteil.

Datenquelle zur Grafik

Paradoxerweise schwächen Sie in vielen Fällen den Kieferknochen. In schweren Fällen kann das Kiefergewebe absterben, woraus eine sogenannte Kiefernekrose entstehen kann. Vereinfach gesagt handelt es sich bei einer Nekrose um eine Zellschädigung, die so stark ist, dass die betroffenen Zellen absterben. An der Stelle, an der eine solche Nekrose stattfindet, bleibt totes Gewebe zurück.

Auch das geht mit einem drastischen Abbau von Knochensubstanz und damit einer Lockerung der Zähne einher. Somit haben es Bakterien leichter, in das Gewebe einzudringen und die Situation zu verschärfen. Da es ohne eine Behandlung zum Verlust von Teilen des Kieferknochens kommt, muss eine Kiefernekrose zwingend bei einem Zahnarzt behandelt werden.

Wichtig!

Auch Parodontitis, die durch Zahnfleischentzündungen oder Zahnbelag entsteht, kann eine Kiefernekrose samt Knochenschwund begünstigen.

Symptome einer Kiefernekrose

Von einer Kiefernekrose spricht man, wenn Teile des Kieferknochens über mindestens acht Wochen freiliegen und keine Heilung stattfindet. Typischerweise lässt sich eine Kiefernekrose, die zum Beispiel durch die Einnahme von Bisphosphonaten befördert wurde, anhand folgender Symptome erkennen:

  • Sich lockernde Zähne
  • Nachlassende Sensibilität in der Unterlippe
  • Fisteln oder Schwellungen im Mundraum
  • Starker Mundgeruch
  • Stark geschädigter (freiliegender) Kieferknochen
  • Beschwerden beim Kauen und Sprechen

Einsatz von Zahnimplantaten bei Osteoporose

Die Verwendung von Implantaten ist bei einer Osteoporose häufig ein Drahtseilakt. Immerhin sorgt die Osteoporose selbst für eine poröse Knochenstruktur im Kiefer und anderen Skelettmuskeln. Aber auch die zur Behandlung eingesetzten Medikamente wirken sich in vielen Fällen negativ auf die Kieferstabilität aus. Aus diesem Grund raten viele Zahnärzte (patientenabhängig!) dazu, die Medikation im Vorfeld der Implantation und während der Nachbehandlung auszusetzen. So lässt sich häufig ein besseres Einheilen gewähren.

Was Sie gegen Osteoporose und für starke Knochen tun können

Osteoporose ist kein Schicksal, dem Sie sich kampflos hingeben müssen. Durch einen gesunden Lebensstil lässt sich der Prozess deutlich verzögern. Gleichzeitig sorgen einige zahnhygienische Maßnahmen dafür, dass sich das Risiko für eine Kiefernekrose samt dem daraus resultierenden Kieferschwund senkt.

  • Bewegen Sie sich: Wer denkt, dass er sich bei Osteoporose am besten so wenig wie möglich bewegt, liegt falsch. Zu wenig Bewegung ist sogar kontraproduktiv. Unser Körper ist ein Effizienzmonster und nach dem Muster „was ich nicht brauche, kann weg“ gestrickt. Werden die Knochen also nicht durch regelmäßige Bewegung belastet, bauen sie umso schneller ab.

    Während sich Menschen ohne Osteoporose mit einem regelmäßigen Kraft- und Ausdauersportprogramm fit halten sollten, gibt es für Betroffene spezielle Osteoporose-Trainings. Aber auch alltägliche Bewegung, zum Beispiel durch Spazierengehen, ist gut für die Knochen.
  • Den Kiefer stärken: Das Prinzip der Skelettmuskulatur lässt sich ohne Weiteres auf den Kieferknochen übertragen. Wird dieser durch eine dauerhaft zu weiche Nahrung nicht genügend „belastet“, kann auch hier „nicht benötigte“ Knochensubtanz abgebaut werden. Regelmäßiges Kauen fester Speisen kann dem entgegenwirken und kräftigt zudem die Kiefermuskulatur.

  • Kalziumreiche Ernährung: Wir wissen schon seit Kindertagen, dass Kalzium wichtig für die Knochen ist. Eine ausreichende Kalziumzufuhr über eine ausgewogene Ernährung hilft tatsächlich dabei, die Knochen zu stärken. Kalzium hilft aber nicht nur bei der Erhöhung der Knochendichte, sondern stärkt gleichzeitig auch die Zähne. Viel Kalzium ist in Milch und Milchprodukten enthalten.

    Allem voran stehen Emmentaler, Gouda, Parmesan, Joghurt, Kefir und Kuhmilch. Auch in Eiern, Sojamilch sowie in Mineralwasser ist viel Kalzium enthalten. Aber auch andere Lebensmittel wie Brokkoli, Blattspinat, Grünkohl und Vollkorngetreide eignen sich zur Deckung des täglichen Kalziumbedarfs von mindestens etwa 700 bis 1.200 mg.

  • Gehen Sie viel an die frische Luft: Ein Spaziergang im Freien bei Sonnenschein ist gut für die Seele und für die Knochen. Mit Hilfe der Sonne produziert unser Organismus nämlich das lebenswichtige Vitamin D. Dieses benötigt der Körper, um das durch die Nahrung aufgenommene Kalzium optimal in die Knochenstruktur einzulagern.

  • Kümmern Sie sich gewissenhaft um die Mundhygiene: Gründliches Zähneputzen und das Säubern von Zunge und Zahnzwischenräumen beugt zwar Osteoporose im Allgemeinen nicht direkt vor, senkt aber die Gefahr von Parodontitis und damit im Endeffekt auch das Risiko für eine Kiefernekrose. Darüber hinaus ist es sinnvoll, Zahnstein entfernen und die Zähne einmal pro Jahr professionell reinigen zu lassen. Auch bereits vorhandene Prothesen müssen gründlich gereinigt werden, um Bakterien keine Angriffsfläche zu bieten.